mit freundlicher Genehmigung der Redaktion
aus der Zeitschrift Logo SchiffsModell 8/1986
SOKO 3, Seite 409 (als PDF Datei)

SOKO 3

Michael und Volker Frauenstein

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Die Modellbaufreunde meines Sohnes Volker haben ihn wohl schwer getroffen mit dem Satz: "Nun ja, Dein Vater hilft Dir ja immer, und da ist es ja kein Wunder, wenn bei Deinen Modellen meistens alles funktioniert". Insgeheim glaubten sie wohl, daß er alleine nichts auf die Beine stellen konnte.

Es dauerte gar nicht lange, da kam mein inzwischen 19jähriger mit der Bitte zu mir, er wolle diesmal sein Boot ganz alleine bauen, und ich sollte ihm auf keinen Fall mit Rat und vor allem Tat zur Seite stehen. Mir konnte das nur recht sein, wollte ich doch schon immer mal wissen, was er durch unsere gemeinsamen Arbeiten inzwischen gelernt hatte, und so beschloß ich, die Sache lediglich beobachtend zu verfolgen.

Die Planung

Soviel er mir verraten hatte, sollte es eine Art Schnellboot in Eigenkonstruktion werden. Es wurden einige Zeitschriften und Bücher gewälzt. Offensichtlich gefielen ihm die Fotos des SAR 43, eines Schnellboots, das bei Abeking + Rasmussen in der Nähe von Bremen gebaut wird, besonders gut.

In den nächsten Tagen entstand ein Plan im Maßstab 1:1, der sich an der Grundform des SAR 43 orientierte, jedoch nicht als Kriegsschiff, sondern als Zollboot mit gänzlich anderen Aufbauten konzipiert war.

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Turbo aktiv

Einen Namen hatte er auch schon gefunden, SOKO 3 (Sonderkonstruktion 3) sollte das Boot heißen, es war ja immerhin unsere dritte Eigenkonstruktion. Das Boot wurde in Knickspantbauweise nach altbewährter Methode konstruiert, bei einer Gesamtlänge von 95 cm und einer maximalen Breite von 14,5 cm waren 7 Spanten vorgesehen worden.

Bugspitze und Heckspiegel sollten aus Hartbalsaklötzen geformt, die Seitenwände aus 1,5-mm-Balsabrettchen hergestellt werden. Die Decksfläche bildete ein 4-mm-Sperrholzbrett, und die Aufbauten sollten aus ABS-Platten angefertigt werden. Den Maßstab legten wir auf 1:40 fest. Die Wasserlinie war eingezeichnet und führte zu einer errechneten Verdrängung von ca. 3,3 kp. Der Antrieb sollte über 3 Motoren und die Steuerung über 3 Ruderblätter erfolgen.

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Blockschaltbild

Die geplanten Funktionen wurden in einem Blockschaltbild festgehalten. Als Sonderfunktionen waren ein "Turboschalter" als Ein-Ausschalter für den mittleren Motor sowie eine akustische Warneinrichtung gegen Tiefentladung der NiCd-Akkus vorgesehen.

Durch eine Gewichtsüberschlagsrechnung wurde kontrolliert, ob die errechnete Verdrängung für die geplanten Einbauten ausreichend sein würde. Für Akkus, Motoren und Elektronik wurden 2,55 kg ermittelt, das Boot selbst durfte demnach 0,75 kg wiegen.

Der Bau

Mit dem Bau des Rumpfes begann die Arbeit am Modell. Auf dem 4-mm-Decksbrett mit bereits ausgesägten Ausschnitten für die Heckklappe und die Aufbauten wurden die Spanten aufgeleimt. Danach wurden die äußeren Knickstellen mit 6-mm-Vierkant-Balsastäbchen abgefangen, und im spitzen Kielbereich wurde eine Dreikant-Balsa-Leiste angebracht, so daß anschließend, nach etwas Schleifarbeit, die Beplankung mit 1,5-mm-Balsabrettchen erfolgen konnte.

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auf dem Trockenen

Bugspitze und Heckspiegel entstanden aus vorgeformten Balsaklötzchen, die anschließend an den entsprechenden Stellen aufzuleimen waren. Auch hier wurde durch entsprechende Schleifarbeit bald die endgültige Form erreicht.

Anschließend erfolgte eine Verstärkung des Bootskörpers mit Glasfasermatten und Epoxydharz. Leider stellte sich heraus, daß eine Lage Glasgewebe noch nicht die nötige Stabilität ergab, eine zweite Schicht wurde erforderlich.

Der innere Teil des Bootskörpers ist ebenfalls mit Epoxydharz gestrichen, so daß ein evtl. Wassereinbruch nicht zum Aufquellen des Holzes führen kann.

Es folgte die unvermeidliche Schleif- und Spachtelarbeit, danach konnte die Grundfarbe (Grau) lackiert werden. Eine Gewichtsüberprüfung zeigte, daß der Bootskörper mit 1,1 kg doch etwas schwerer ausgefallen war als ursprünglich geplant. Daraufhin wurde einfach beschlossen, mit der Unterwasserlackierung bis zur endgültigen Fertigstellung des Bootes zu warten.

Als zweite Arbeit erfolgte die Erstellung der Decksaufbauten. Die einzelnen ABS-Platten wurden gemäß dem Plan ausgeschnitten und mit 3-mm-Vierkant-Balsaleisten und Speedkleber entsprechend zusammengefügt. In die Fenster- und Bullaugenausschnitte wurden gelb getönte 1-mm-Acrylplatten als Fenster eingeklebt. Danach konnten die Aufbauten zollgrün lackiert werden, und es folgte die Herstellung von Antennenmast und Reling, die wieder grau lackiert wurden.

Die fertigen Aufbauten wogen 0,15 kg und sind damit vergleichsweise sehr leicht ausgefallen.

Die Einbauten

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SOKO 3
offengelegt

Die 3 Antriebswellen einschließlich der Motoren, die in Silikonkautschuk elastisch gelagert werden sollten, konnten jetzt eingebaut werden. Darauf folgte die Montage der 3 gekauften Ruderblätter, die über ein Servo durch ein entsprechendes Gestänge asymmetrisch angesteuert werden. ln der Nullstellung sind alle Ruderblätter parallel ausgerichtet, während bei Rluderausschlag das kurveninnere Ruderblatt stärker als das kurvenäußere ausschlägt.

Gemäß dem Blockschaltbild wurden dann die einzelnen Blöcke wie Fahrtregler, "Turboschalter", Speedschalter und Akku-Controller hergestellt und gemeinsam auf einer Einbauplatte verdrahtet. Der Akku-Controller wurde auf 7,5 V eingestellt, so daß bei Unterschreitung der Akkuspannung von 7,5 V der Alarm ausgelöst wird.

Jetzt konnten die einzelnen Akku-Zellen, insgesamt 36 Stück, im Bootskörper untergebracht und verdrahtet werden, wobei auf günstige Gewichtsverteilung zu achten war, damit die eingeplante Wasserlinie auch einigermaßen erreicht wird. Dieser Test erfolgte in der Badewanne. Die Akkus wurden mit Silikonkautschuk gegen Verrutschen gesichert.

Nach Abschluß der letzten Feinarbeiten brachte das fertige Boot 4 kg auf die Waage, also 0,7 kg mehr als geplant, deshalb mußte das Unterwasserteil entsprechend höher (bis zum Wasserpaß) lackiert werden.

Probelauf

Die Wunschvorstellung war natürlich, daß das Boot ins Gleiten kommen sollte, immerhin waren ja schließlich 3 Motoren am Werk, die noch dazu mit 10,8 V übermäßig versorgt wurden.

Der Funktionstest an Land verlief zufriedenstellend, so daß das Boot seinem Element übergeben werden konnte. Zunächst langsame Fahrt voraus, dabei liefen nur die beiden äußeren Motoren. Die drei Ruder arbeiteten einwandfrei, jedoch war der Ausschlag bei langsamer Fahrt nicht ganz ausreichend. Die beiden äußeren Motoren wurden nun voll beschleunigt, dabei kam das Boot vorne stark aus dem Wasser, doch am Heck wurde es förmlich ins Wasser gezogen. Der "Turbomotor" wurde dazugeschaltet, brachte aber wenig an zusätzlicher Geschwindigkeit und schon gar nicht die erhoffte Gleitfahrt. Bei Kurvenfahrt neigte sich das Boot bei voller Geschwindigkeit zum Kurvenaußenrand hin. Nach etwa 15 Minuten begann der Akku-Controller zu tönen, so daß die Testfahrt abgebrochen werden mußte.

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Marschgeschwindigkeit

Die Motoren waren sehr heiß, die Akkus nur handwarm. Die hochgeschraubten Erwartungen wurden nun auf ein Minimum reduziert und wichen einer kritischen Analyse. Durch die Form des Bootes, es ist im Unterwasserbereich zum Spiegel hin etwas nach oben gezogen, ergab sich die ungünstige Wasserlage bei voller Geschwindigkeit. Abhilfe konnte dann ein hinten etwas überstehendes, festangebautes Trimmbrett schaffen, das etwa 3° nach unten geneigt ist. Die Motoren sollten durch kleine, auf den Antriebsachsen montierte Ventilatorscheiben besser gekühlt werden. Da auch etwas Spritzwasser ins Bootsinnere eingedrungen war, wurde der hintere Ausschnitt mit Silikon abgedichtet, und im vorderen Bugbereich wurden zwei zusätzliche Vierkantleisten angebracht, so daß die Bugwelle mehr zur Seite hin abgeleitet wird und nicht mehr so hochspritzen kann. Der Ruderausschlag wurde vergrößert, da der Kurvenradius mit ca. 3 m bei Langsamfahrt unbefriedigend war.

So ausgerüstet ging es natürlich gleich zur nächsten Testfahrt. Das Fahrverhalten hatte sich deutlich verbessert, das Boot reitet bei voller Fahrt förmlich auf dem hinten angebrachten Trimmbrett, und die Bugwelle ist jetzt etwas flacher als vorher, aber immer noch beeindruckend. Der Kurvenradius ist mit 1,5 m bei Langsamfahrt jetzt ausreichend, und die bei Kurvenfahrt beobachtete Seitenneigung trat nicht mehr auf. Nach ca. 10 Min. Fahrt begann überraschend der Akku-Controller zu tönen, so daß die Versuche unterbrochen werden mußten. Wasser war diesmal nicht eingedrungen.

Eine genaue Untersuchung, warum der Akku-Controller so früh ausgelöst hatte, ergab dann, daß eine Akku-Zelle verpolt angelötet war. Dadurch standen statt 10,8 V nur 9,6 V zur Verfügung. Der Schaden war schnell behoben und der nächste Testlauf konnte gestartet werden.

Hierbei entstanden übrigens auch die Fotos. Es überraschte uns doch, wie das Boot jetzt bei voller Fahrt abzog. Wenn es so etwas wie halbes Gleiten gibt, so beschreibt dies am besten das Fahrverhalten, wenn alle drei Motoren in Betrieb waren. Nach Abschalten des Turbomotors verringerte sich die Geschwindigkeit etwas, aber nicht gravierend. Ohne eingeschalteten Speedschalter lief das Boot dann ohne große Bugwelle mit normaler Marschgeschwindigkeit.

Nach ca. 20 Min. Fahrzeit, während der meistens die beiden äußeren Motoren im Vollastbereich liefen, begann das Boot langsamer zu werden und stand dann schließlich ganz. Der Turbomotor funktionierte noch, und so wurde das Boot schnellstens ans Ufer gesteuert. Als die Aufbauten entfernt waren, stieg uns gleich dicker Qualm entgegen, und es roch verdächtig nach durchgebrannten Kabeln. Alle Kabel waren jedoch heil, die Motoren hingegen glühend heiß und vermutlich durchgebrannt. Später stellte sich dann heraus, daß beide äußeren Motoren durchgebrannt waren, aber sonst keine Folgeschäden entstanden waren, selbst der Fahrtregler hatte die Sache gut überstanden.

Die Motoren waren schnell ausgebaut und hätten durch neue ersetzt werden können. Damit war aber das Problem der Überhitzung immer noch nicht gelöst. Die aufgesetzten Kühlflügel reichten offensichtlich nicht aus. Eine geringere Fahrspannung und die damit verbundene Reduzierung der Akkus konnte zwar vom Gewicht her in Erwägung gezogen werden, aber die Fahrleistung des Bootes sollte unbedingt erhalten bleiben. Die Lösung konnte also nur "Wasserkühlung" lauten.

Schlußbemerkungen

Durch diese Panne hatte mein Sohn offensichtlich die Lust am Boot verloren, und es verschwand im hintersten Winkel unseres Bastelkellers. Es half auch nichts, als ich ihm anbot zu helfen, er hatte ja schließlich auch seinen Stolz, so meinte er wenigstens. Natürlich ist das ausgesprochen schade, denn immerhin stecken ja eine Menge Gedanken und Arbeit in solch einem Boot. Wenn der erste Frust vorbei ist, da bin ich sicher, wird auch bald eine Wasserkühlung installiert sein.

Welcher Modellbauer hatte wohl noch keine Panne? Ich bin davon überzeugt, daß es keinen einzigen gibt. Unser Hobby ist viel zu schön und anregend, um sich durch Fehlschläge frühzeitig entmutigen zu lassen. In diesem Sinne wünsche ich allen jüngeren Modellbauern gutes Gelingen und vor allem keinen falschen Stolz, die älteren helfen ganz bestimmt sehr gerne.